Restaurant

 

Die Ausnahmeköchin ~ in den Vorarlberger Nachrichten von Kurt Bracharz

Früher gab´s Köche, gute Köche und Küchenchefs. Die ersten konnten kochen, die zweiten konnten es besser, und die dritten hatten noch mehr drauf, z.B. besseres Küchenmanagement. In Frankreich war das ein wenig anders, wegen der Sterne (von Michelin). Später auch bei uns, wegen der Hauben (von Gault Millau). Die Bezeichnungen Sterneköche und Haubenköche waren noch nachvollziehbar, jene mit je drei waren tatsächlich Spitze. Als aber vor einigen Jahren Feuilleton und Fernsehen die Köche entdeckten, gab es bald ein sprachliches Problem: Da man jeden Koch, den man vorstellt, doch mindestens mit dem von der Vorwoche gleich stellen muss, hört man jetzt inflationär von Spitzenköchen, Topköchen, Superköchen, Kochgenies usw. Als man einmal Eckart Witzigmann - zu Recht - hervorheben wollte, musste man ihn einen " Jahrhundertkoch " nennen.
Jetzt wird es eng werden, "Jahrtausendkoch" glaubt man keinen mehr.

Dieses Problem fiel mir ein, nachdem ich neulich im ´s Schulhus in Krumbach einen Abend lang Gabi Strahammers Küche genossen hattte, genauer gesagt: Ziegenkäse mit Pinienkernkruste, schwarzen Nüssen und Kräutersalaten; Riebelmaisknödel mit Kaninchenfleischfülle auf Lauchgemüse und je eine Kugel Karotten-Orangensorbet und Mango-Chili-Eis. Probiert hatte ich von fremden Tellern Kartoffelgnocchi mit Bärlauch, Ofentomaten und Parmesan, Lamm-Ragout mit Gemüse und Riebelmaisschnitte mit rotem Paprika und als Zwischengang marinierter Saibling aus einer Zucht aus Buch.

Was mir auffiel: dass alles perfekt war, und ich meine wirklich: alles. Wo und wann hatte ich zuletzt diesen Eindruck? Ich kann mich nicht erinnern. Irgendeine Kleinigkeit fällt eigentlich immer aus dem Rahmen. Auch in den besten Restaurants ist manchmal der Salat zu sauer oder die Tomate geschmacklos, der Knödelteig zu weich oder etwas Unnötiges wie eine einzige Physalisbeere auf dem Teller. Es ist eben niemand perfekt. Außer vielleicht Gabi Strahammer. Oder zumindest mein Essen am Freitag.

Und wie nenne ich sie nun? Jörg Wörther wurde neulich in einer Zeitung als " Ausnahmekoch " bezeichnet ( weil im selben Artikel andere bekannte Köche vorkamen, die einen Superlativ für ihn nicht gern gelesen hätten). Aber für die " Schulhus"-Küche passt das gut: solche Perfektion ist sicher eine Ausnahme.

Die "reine Frischmarktküche ohne Fertig oder Teilfertigprodukte" bringt natürlich keine besonders umfangreiche Karte hervor. Die mit Kaninchenfleisch gefüllten Maisknödel auf Lauch hatte ich nur bestellt, weil mir das eine interessante Paraphrase von Wurstknödel mit Kraut erschien, und auch, weil sie etwas "exotischer" waren als die anderen Gerichte - Tafelspitz, Rindfleischsülze, Rindsfilet, Lachsforelle - auf der Tageskarte.

Die Weinauswahl ist der Küche durchaus angemessen. Herbert Strahammer hat einige Besonderheiten im Keller, vor allem bei den österreichischen Weinen. Man sollte sich beraten lassen. Das übrigens kaum an eine Schule erinnernde Restaurant ist seit Januar 2007 rauchfrei.

Kurt Bracharz schreibt in den Vorarlberger Nachrichten wöchentlich Restaurant Tipps, und bringt immer sehr informative Artikel zu Essen und Trinken.